Naturwissenschaftliches Institut NO, Lichthof, ca. 1915

Naturwissenschaftliches Institut NO, Lichthof, ca. 1915

Über das Werk

Mit den rund um den Innenhof angebrachten 42 Gedenktafeln werden bekannte Erdwissenschaftler geehrt. Die obere Reihe der Tafeln wurde beim Bau des Gebäudes um 1915 angebracht; die untere Reihe wiederum wurde 2009 im Rahmen von dessen Sanierung hinzugefügt.

Die hier vertretenen Wissenschaftler leisteten in Forschung und Lehre bedeutende Beiträge. Sie teilten eine Beziehung zur Natur und zur Welt, sei es, um diese zu verbessern oder um sie auszubeuten.

Einige unter ihnen bereiteten dem Kolonialismus den Boden, indem sie Rassentheorien wissenschaftlich legitimierten, Sklavenhandel verteidigten oder aus kolonialen Bestrebungen persönlichen Nutzen zogen. Andere wiederum sprachen sich gegen Kolonialismus oder Sklavenhandel aus. Viele jedoch teilten das Gefühl der Überlegenheit der westlichen Zivilisation gegenüber nicht-europäischen Regionen, indem sie die Rolle der westlichen Kultur bei der Missionierung und Erziehung sogenannter «primitiver» Gemeinschaften betonten oder persönlich von den Praktiken kolonialistischer Ausbeutung profitierten.

Factsheet

  • Gedenktafeln aus Stein und Blattgold
  • ETH Zürich, Zentrum, Gebäude NO
  • Lichthof, Geschoss E
  • Mo–Fr, 07.00–20.30 Uhr
  • Sa, geschlossen
  • So, 10.00-16.00

Gedenktafel für Louis Agassiz, ca. 1915, Nordwand

Über die Person

Louis Agassiz (1807–1873, Zoologe, Geologe, Paläontologe, Schweiz/USA) gehört zu den wichtigsten Vertretern der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts formulierten Eiszeittheorie. Die Erkenntnis, dass Gletscher in der Vergangenheit grössere Ausdehnungen hatten als in der Gegenwart, eröffnete neue Einsichten in eine nach erdgeschichtlichen Massstäben kurzfristige Wandelbarkeit des Klimas. Agassiz war aber auch ein klassischer Vertreter des scientific racism. Er versuchte den Beweis anzutreten, dass Schwarze und Weisse in getrennten göttlichen Schöpfungsakten entstanden seien und Schwarze einer niedrigeren, kulturunfähigen «Rasse» angehörten.

Kunstinventar der ETH Zürich, Ki-00058

Weitere Kontextinformationen zu Louis Agassiz (1807–1873)

Gedenktafel für James Dwight Dana, ca. 1915, Nordwand

Über die Person
James D. Dana (1813–1895, Geologe, Mineraloge und Zoologe, USA) gilt als einer der bedeutendsten amerikanischen Geologen seiner Zeit. Er war Professor für Naturgeschichte an der Yale University. Seinen Ruhm erlangte er durch die Teilnahme an Forschungsexpeditionen. Die dabei entstandenen Reiseberichte zeugen von einer für seine Zeit typischen Überheblichkeit und Arroganz gegenüber indigenen Gesellschaften, die Dana als barbarisch, ungebildet, ja gar kannibalistisch bezeichnete.
Kunstinventar der ETH Zürich, Ki-00061

Weitere Kontextinformationen zu James Dwight Dana (1813–1895)

Gedenktafel für Arnold Escher von der Linth, ca. 1915, Westwand

Über die Person

Arnold Escher von der Linth (1807–1872, Geologe und Mineraloge, Schweiz) war für die Geologie der Schweiz von herausragender Bedeutung. Er legte die Grundlage für das Verständnis der alpinen Überschiebungstektonik und prägte verschiedene geologische Begriffe, die noch heute verwendet werden. Escher von der Linths Überzeugung war es aber auch, dass der Kolonialismus seiner Zeit gerechtfertigt sei und dass die Kolonialmächte hauptsächlich im Sinne von Schutz und Rettung kolonialisierter Länder zu agieren hatten.

Kunstinventar der ETH Zürich, Ki-00064

Weitere Kontextinformationen zu Arnold Escher von der Linth (1807–1872)

Gedenktafel für Carl Wilhelm von Gümbel, ca. 1915, Nordwand

Über die Person

Carl Wilhelm von Gümbel (1823–1898, Geologe und Mineraloge, Deutschland) widmete sein Lebenswerk hauptsächlich der geologischen Erforschung Bayerns und hinterliess eine wichtige geowissenschaftliche Sammlung. Gümbel stellte seine wissenschaftliche Arbeit aber auch in den Dienst kolonialer Rohstoffgewinnung, indem er sein geologisches Wissen für den Abbau von Gold in Regionen Westafrikas zur Verfügung stellte.

Kunstinventar der ETH Zürich, Ki-00081

Weitere Kontextinformationen zu Carl Wilhelm von Gümbel (1823–1898)

Gedenktafel für Julius von Hann, ca. 1915, Südwand

Über die Person

Julius von Hann (1839–1921, Meteorologe, Österreich) war ab 1877 Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus in Wien und zugleich ordentlicher Professor für Physik an der Universität Wien. Er gilt als ein Pionier der Klimaforschung und als der Wissenschaftler, der den Ruf der österreichischen Meteorologie begründete. Hanns aussereuropäische Feldforschung war von der Abwertung indigenen Wissens und Aberkennung urteilsfähiger Gleichwertigkeit geprägt.

Kunstinventar der ETH Zürich, Ki-00082

Weitere Kontextinformationen zu von Hann (1839–1921)

Gedenktafel für Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von Humboldt, ca. 1915, Westwand

Über die Person

Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von Humboldt (1769–1859, Naturforscher, Deutschland) gilt als einer der letzten Universalgelehrten und Mitbegründer der Geografie als empirischer Wissenschaft. Seine Forschung betrieb er auf mehrjährigen Reisen nach Südamerika, in die USA und nach Zentralasien. Humboldt galt als Gegner des Kolonialismus. Gleichzeitig diente seine Expertise der Ausbeutung lokaler Ressourcen als Teil der kolonialen Programme europäischer Kolonialisten.

Kunstinventar der ETH Zürich, Ki-00083

Weitere Kontextinformationen zu Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von Humboldt (1769–1859)

Gedenktafel für Charles Lyell, ca. 1915, Südwand

Über die Person

Charles Lyell (1797–1875, Geologe, Grossbritannien) war ein schottischer Wissenschaftler, der fundamentale Beiträge zum geologischen Zeitverständnis lieferte, die bis heute im Rahmen wissensgeschichtlicher Darstellungen verwendet werden. Er legte zudem den Grundstein für die Evolutionsbiologie und das Verständnis der Erdentwicklung. Gleichzeitig war Lyell ein klassischer Vertreter eines scientific racism, der den ideologischen Boden für rassistische Formung und Handlung bereitete und damit zur Rechtfertigung der Kolonialisierung von aussereuropäischen Regionen beitrug.

Kunstinventar der ETH Zürich, Ki-00068

Weitere Kontextinformationen zu Charles Lyell (1797–1875)

Gedenktafel für Peter Merian, ca. 1915, Südwand

Über die Person

Peter Merian (1795–1883, Naturwissenschaftler, Schweiz) war ordentlicher Professor für Physik und Chemie an der Universität Basel und Honorarprofessor für Geologie und Petrefaktenkunde (Vorform der Paläontologie). Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Basler Naturforschung im 19. Jahrhundert. Unter Merians Leitung wurden die Sammlungen des Naturhistorischen Museums Basel kontinuierlich erweitert. Dazu gehörten freilich auch Artefakte, die aus der europäischen Kolonialexpansion stammten. Diese wurden mittlerweile zum Teil restituiert.

Kunstinventar der ETH Zürich, Ki-00069

Weitere Kontextinformationen zu Peter Merian (1795–1883)

Gedenktafel für Roderick Impey Murchison, ca. 1915, Nordwand

Über die Person

Roderick Impey Murchison (1792–1871, Geologe, Grossbritannien) trug mit seinen Arbeiten zur Konzeptionierung von geologischen Zeitaltern bei, wobei er einige Bezeichnungen erdgeschichtlicher Abschnitte selbst prägte. Als Generaldirektor des Geologischen Dienstes Grossbritanniens dienten seine Arbeiten nicht nur der geologischen Forschung, sondern auch der Ausbeutung von Rohstoffen in aussereuropäischen Gebieten. Dies machte Murchison zu einem Unterstützer der britischen Kolonialisierung.

Kunstinventar der ETH Zürich, Ki-00071

Weitere Kontextinformationen zu Roderick Impey Murchison (1792–1871)

Gedenktafel für John Murray, ca. 1915, Südwand

Über die Person

John Murray (1841–1914, Naturforscher und Ozeanograf, Grossbritannien) gilt als einer der Begründer der Ozeanografie. Wichtiger Teil seiner Arbeit waren Expeditionen in Überseegebiete. Ziel dabei war allerdings nicht nur die Vermessung der Ozeane, sondern auch die Suche nach Rohstoffen. Murrays geologisches Wissen diente der Forschung damit ebenso wie der wirtschaftlichen Expansion Grossbritanniens.

Kunstinventar der ETH Zürich, Ki-00072

Weitere Kontextinformationen zu John Murray (1841–1914)

Gedenktafel für Alcide Dessalines d’Orbigny, ca. 1915, Nordwand

Über die Person

Alcide Dessalines d’Orbigny (1802–1857, Geologe und Paläontologe, Frankreich) gilt als Begründer der stratigrafischen Paläontologie. Von seinen Forschungsreisen brachte er eine beeindruckende Ausbeute von Objekten und Informationen mit. Neben naturwissenschaftlichen Studien stellte d’Orbigny auch anthropologische und ethnografische Untersuchungen an, mit dem Ziel, Fortschritt und die «richtige» Religion in die kolonisierten Gesellschaften zu bringen und sie an die europäische «Zivilisation» heranzuführen.

Kunstinventar der ETH Zürich, Ki-00060

Weitere Kontextinformationen zu Alcide Dessalines d’Orbigny (1802–1857)

Gedenktafel für Friedrich Ratzel, ca. 1915, Südwand

Über die Person

Friedrich Ratzel (1844–1904, Geograf und Zoologe, Deutschland) war Professor für Geografie an der Technischen Hochschule München und später in Leipzig. Er gilt als Begründer der Anthropogeografie. In deren Rahmen popularisierte er verschiedene Begriffe, die in das Grundvokabular kolonialer Rechtfertigungsdiskurse einflossen.

Kunstinventar der ETH Zürich, Ki-00075

Weitere Kontextinformationen zu Friedrich Ratzel (1844–1904)

Gedenktafel für Elisée Reclus, ca. 1915, Südwand

Über die Person

Elisée Reclus (1830–1905, Geograf, Frankreich) trug massgeblich zur Etablierung der Geografie als wissenschaftliche Disziplin bei. Als unkonventioneller Denker und Anarchist kritisierte er die kolonialistische Politik der europäischen Länder. Gleichzeitig glaubte Reclus an die Mission des Westens, die Welt durch die Instrumente der Wissenschaft im Sinne der anarchistischen Bewegung zu verändern und zu verbessern.

Kunstinventar der ETH Zürich, Ki-00076

Weitere Kontextinformationen zu Elisée Reclus (1830–1905)

Gedenktafel für Ferdinand von Richthofen, ca. 1915, Nordwand

Über die Person
Ferdinand von Richthofen (1833–1906, Geologe und Geograf, Deutschland) gilt als bedeutender Wissenschaftler der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Deutschland. Seine Forschungsreisen nach China machten ihn zum ausgewiesenen Kenner des Landes. Zeitlebens wies er auf die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Nutzung tropischer Kolonien, aber auch der Durchdringung asiatischer Regionen – einer Welt von «schwächlicher Rasse» – hin.
Kunstinventar der ETH Zürich, Ki-00085

Weitere Kontextinformationen zu Ferdinand Paul Wilhelm Dieprand Freiherr von Richthofen (1833–1906)

Gedenktafel für Johann Jakob Scheuchzer, ca. 1915, Westwand

Über die Person

Johann Jakob Scheuchzer (1672–1733, Naturforscher und Universalgelehrter, Schweiz) gilt als wichtiger Naturhistoriker barocken Zuschnitts, der bereits empirisch arbeitete. Obwohl er sowohl moralisch als auch naturwissenschaftlich argumentierte, stiess er auf grossen Widerstand kirchlicher Kreise. Scheuchzer war ein klassischer Vertreter des Klimadeterminismus, der im 18. Jahrhundert die «Natur der Menschen» durch die Beschaffenheit ihrer Umwelt erklärte.

Kunstinventar der ETH Zürich, Ki-00078

Weitere Kontextinformationen zu Johann Jakob Scheuchzer (1672–1733)

Gedenktafel für Robert Sinclair Dietz, 2009, Westwand

Über die Person

Robert Sinclair Dietz (1914–1995, Geophysiker und Ozeanograf, USA) war ein Meeresgeologe, der sich vor allem der Erforschung des Pazifikbeckens widmete. Er war ein früher und überzeugter Verfechter der damals revolutionären Theorie der Kontinentaldrift und prägte den Begriff der Meeresbodenspreizung. Dietz befürwortete eugenische Techniken zur Eindämmung des ungebremsten Bevölkerungswachstums, das er für das grosse Problem seiner Zeit hielt.

Weitere Kontextinformationen zu Robert Sinclair Dietz (1914–1995)

Gedenktafel für Eduard Suess, ca. 1915, Ostwand

Über die Person

Eduard Suess (1831–1914, Geologe und Politiker, Österreich) war Ordinarius für Geologie an der Universität Wien. Als Experte für die Tektonik der Alpen gilt er als Begründer der modernen Geologie in Österreich. Suess war überzeugt, dass die Wissenschaft eine bedeutende Rolle dabei spielte, Menschen aus ihrer Unwissenheit herauszuführen, insbesondere in nichtwestlichen Ländern, die er als «primitiv» und «unzivilisiert» bezeichnete und aufforderte, sich zu modernisieren.

Kunstinventar der ETH Zürich, Ki-00080

Weitere Kontextinformationen zu Eduard Suess (1831–1914)

Gedenktafel für Alfred Lothar Wegener, 2009, Westwand

Über die Person

Alfred Lothar Wegener (1880–1930, Meteorologe und Geophysiker, Deutschland) lehrte in Marburg und Hamburg und war Professor für Meteorologie und Geophysik an der Universität Graz. Er formulierte als Erster die Hypothese der Kontinentalverschiebung, die jedoch zu seiner Zeit noch keine Anerkennung fand. Bei seinen Expeditionen stützte Wegener sich auf das traditionelle Wissen und die Expertise von Indigenen, ohne das er weder hätte forschen noch überleben können. Allerdings erhielten die Indigenen dafür keine angemessene Anerkennung.

Weitere Kontextinformationen zu Alfred Lothar Wegener (1880–1930)

Teilen auf